Freitag, 9. Mai 2014

10 Gründe, warum legale Prostitution falsch ist

Prostitute tj
von Tomas Castelazo (Eigenes Werk)
[CC-BY-SA-3.0 oder GFDL],
via Wikimedia Commons
Prostitution ist, so heißt es, das älteste Gewerbe der Welt. Von heiligen Tempelhuren ist die Rede, die Männern zu Ehren der Götter zu Dienste waren und in allen Völkern der Welt soll es sie gegeben haben, Frauen, die ihren Körper gegen Geld verkauft haben. Eine Gesellschaft ohne Prostitution, so lautet eines der Argumente für die Prostitution, würde alsbald im Chaos der Vergewaltiger und Triebtäter versinken, weil die Männer gar nicht mehr wüssten, wohin mit all ihrem aufgestauten Gelüsten. Anhängern dieser Theorien ist entgegen zu halten, dass es ein sehr abwertendes Männerbild ist, dass sie da vertreten, wenn sie davon ausgehen, dass aus jedem Mann ein triebgesteuerter Verbrecher würde, wenn er nicht länger die Gelegenheit hätte, sich Frauen zu kaufen und zum anderen stimmt auch das Gerede vom ältesten Gewerbe der Welt nicht. Es gab in der Geschichte der Menschheit sehr wohl Kulturen, die sehr gut ohne Prostitution auskamen – die Indianer Nordamerikas zum Beispiel. Sie lernten Prostitution erst durch die Kolonialisierung kennen. Bezeichnenderweise pflegen diese Kulturen bis heute ein respektvolles und gleichberechtigtes Frauenbild. In der durch die von der Zeitschrift EMMA angestoßene Debatte, Prostitution wieder unter Strafe zu stellen, sind eine Reihe von Argumenten aufgetaucht, bei denen es sich lohnt, sich diese genauer anzusehen. Im Folgenden sollen die Gründe, warum legale Prostitution mit einer freien, gleichberechtigten und gerechten Gesellschaft nicht vereinbar ist, aufgelistet und dargestellt werden.

1. Prostitution ist niemals freiwillig
In Deutschland arbeiten schätzungsweise 500.000 Prostituierte. Die meisten von ihnen, etwa 90 Prozent kommen aus dem Ausland, aus den sogenannten Armenhäusern Europas, also Ungarn und Rumänien. Teilweise werden sie unter falschen Versprechungen hierher gelockt, weil man ihnen erzählt, sie könnten hier als Kellnerinnen arbeiten, teilweise kommen sie aber auch im vollen Bewusstsein dessen, was sie hier erwartet. Das Geld, das sie hier verdienen, wird ihnen von ihren Zuhältern abgenommen. Sie selbst behalten nur einen Bruchteil. Ihre Zuhälter erklären ihnen, dass sie Schulden bei ihnen haben, die sie zunächst abarbeiten müssen. Da die Mehrzahl von ihnen illegal im Land ist, trauen sich die wenigsten, sich dagegen zu wehren. Aber auch die Frauen, die nicht unter diesen Umständen anschaffen, erklären nicht als Teenager auf einmal: “Ich möchte gerne Hure werden”, so wie andere Mädchen gerne Prinzessin oder Tierärztin werden möchten. Sie rutschen in diese Umstände hinein. Häufig werden sie von sogenannten “Loverboys” angeworben, die sich zunächst als ihre Freunde ausgeben und sie dann Stück für Stück in die Prostitution einführen. Studien zeigen außerdem, dass 90 Prozent aller Prostituierten bereits in ihrer Kindheit Missbrauchserfahrungen gemacht haben. Die Prostitution ist für sie häufig ein Weg, mit den Erfahrungen umzugehen, weil sie zum ersten Mal etwas “wert” sind. Darüber hinaus ist es oft die bittere Armut die Frauen in die Prostitution treibt: Eine fehlende Ausbildung, Kinder, die ernährt werden müssen, ein Kredit der nicht bezahlt werden kann und schon rutschen sie in das System Prostitution und kommen nicht mehr heraus. Eine Frau, die sich aus Armut prostituiert, prostituiert sich nicht freiwillig. Wenn eine Frau dieser Tätigkeit aus Spaß am Sex nachgehen möchte, dann müsste sie dafür kein Geld nehmen oder es nicht mit zehn Freiern am Tag machen, um ihre Rechnungen zu bezahlen. Sobald dahinter ein finanzieller Zwang steht, ist es keine Freiwilligkeit mehr. Wie freiwillig diese Frauen ihren Job machen, zeigt im Übrigen die Antwort auf die Frage, ob sie wollten, dass ihre eigenen Kinder den gleichen Berufsweg einschlagen: Nein, niemals!


2. Legale Prostitution schützt die Zuhälter, nicht die Frauen
Das Ziel des Prostitutionsgesetzes von 2002 war
, die Prostitution aus der Illegalität zu holen und den Frauen die Möglichkeit einer Sozialversicherung und Altersvorsorge zu ermöglichen. Sogar ihre Bezahlung sollten sie einklagen können. Daraus geworden ist nichts: Nicht einmal 1 Prozent der Prostituierten sind sozialversichert. Auch die fetten Steuereinnahmen blieben aus, dafür dachten sich Städte wie Bonn und Berlin sogleich sogenannte “Vergnügungssteuern” aus, die die Frauen zu entrichten haben – in Berlin sind das pro Frau und Tag immerhin 30 Euro. So verdienen die Kommunen an den Frauen und ihren Körpern, während diese weiterhin ohne Krankenversicherung einem gesundheitlich hochrisikobehaftetem Job nachgehen und keinerlei Altersvorsorge haben. Genutzt hat das Gesetz von 2002 in allererster Linie den Bordellbetreibern und Zuhältern, die nun keine Angst mehr haben müssen, wegen Förderung der Prostitution belangt zu werden – die Polizei hat so gut wie keine Handhabe mehr, die Bordelle zu durchsuchen und Anfangsverdachten von Zwangsprostitution oder Minderjährigen nachzugehen. Aus diesem Grund wird das Gesetz auch gerne Zuhältergesetz genannt.

3. Prostitution schadet den Frauen seelisch und körperlich
Prostitution ist, entgegen aller Rufe aus den am Prostitutionsgesetz von 2002 beteiligten Parteien, kein Beruf wie jeder andere. Er bedeutet, dass Menschen ihren Körper verkaufen, dass sie gegen Geld anderen Menschen gestatten, mit ihrem Körper Dinge zu tun, die sie gar nicht möchten. Gegen Geld dürfen andere Menschen in ihren Körper eindringen, ihn benutzen, ihn bespritzen, ihn besudeln, ihnen Dinge sagen, die sie nicht hören wollen, ihnen vielleicht sogar weh tun und das mehrfach am Tag. Eine normale Prostituierte hat bis zu zehn Freier am Tag. Um das ertragen zu können, muss sie sich von ihrem Körper abspalten. Dissoziieren heißt das in der Fachsprache, sie muss lernen, ihren eigenen Körper nicht mehr zu fühlen, nicht mehr wahr zu nehmen, was da gerade mit ihr geschieht. Viele Prostituierte nehmen zusätzlich Drogen oder trinken Alkohol. Sicherlich ist nicht jeder Freier unangenehm und sicherlich ist nicht jede Begegnung abstoßend. Aber in der Summe muss eine Prostituierte lernen, die Signale ihres Körpers zu ignorieren. Das macht auf Dauer seelisch krank. Da Sex ohne Kondom eine sehr gefragte “Dienstleistung” ist, laufen die Frauen ständig Gefahr, sich mit Krankheiten zu infizieren oder ungewollt schwanger zu werden. Da sie keine Krankenversicherung haben, ist das für sie eine Katastrophe, die nicht häufig in sehr hässlichen Selbstversuchen der “Problemlösung” enden.

4. Prostitution fördert Missbrauch und Gewalt
Zwei von drei Prostituierten werden darüber hinaus während ihrer Berufsausübung missbraucht, jede zweite von ihnen bis zu fünfmal. Die Gewalt durch Kunden ist nur ein Teil der täglichen Gewalt, der Prostituierte ausgesetzt sind. Der schlägernde Zuhälter ist keine Figur der Vergangenheit, er existiert auch heute noch auf den Parkplätzen der großen Bordellen, sogar der Edelschuppen. Er nennt sich “Freund”, doch in Wirklichkeit lässt er sich von der Frau aushalten. Sie gibt ihm ihr ganzes Geld ab. Wenn sie nicht spurt, schlägt er sie. Eine Möglichkeit, diesem Treiben ein Ende zu machen, wäre, dass kein Mann mit einer Prostituierten zusammenleben darf, der kein eigenes Einkommen nachweisen kann.

5. Durch Prostitution blüht der Menschenhandel
Der Zusammenhang zwischen Menschenhandel und Prostitution wird von den Machern des Prostitutionsgesetzes vehement bestritten, tatsächlich ist es aber eine einfache Frage von Angebot und Nachfrage. Deutschland ist neben den Niederlande das einzige Land in Europa, in dem Freier nichts zu befürchten haben. Hier blühen Großbordelle und Flatrate-Puffs, zu denen Reiseunternehmen Bustouren anbieten. Der Bedarf an jungen Frauen ist groß und lässt sich durch freiwillige Neueinsteigerinnen kaum decken. Aus diesem Grund blüht der Menschenhandel, insbesondere aus Osteuropa. Eine EU-Studie von 2011 belegt eindeutig den Zusammenhang zwischen Menschenhandel aus Osteuropa und der Legalisierung der Prostitution in Deutschland auf der anderen Seite. Die Frauen und jungen Mädchen werden zum Teil von ihren eigenen Verwandten an die Menschenhändler verkauft. Ganze Landstriche verdienen am Frauenhandel mit. Mit roher Gewalt werden die Frauen zusammengeschlagen, eingeschüchtert, tagelang vergewaltigt, unter Drogen gesetzt und zur Prostitution gezwungen. Nicht selten erzählt man ihnen, dass man ihrer Familie etwas antun wird. Die Polizei in Deutschland ist machtlos, denn um gegen die Menschenhändler vorgehen zu können, braucht sie die Aussagen der Frauen – und die schweigen aus Angst.

6. Prostitution bedeutet für die Frauen gesellschaftliche Ächtung und Armut
Seit Prostitution in Deutschland legal ist, ist es für Männer nicht länger verwerflich, zuzugeben, dass sie in ein Bordell gehen, es hat sogar einen gewissen Schick. Prominente reden offen darüber und bestellen sich Prostituierte auf ihre Hotelzimmer. Für die Frauen aber hat sich gesellschaftlich wenig geändert. Sie werden noch immer gesellschaftlich geächtet und müssen ihre Tätigkeit vor ihren Familien und Freunden geheimhalten. Kommt das Jugendamt dahinter, dass eine Frau der Prostitution nachgeht, kann es sein, dass es ihr die Kinder entzieht – Prostitution ist eben kein normaler Job wie jeder andere. Da die Frauen keine Altersvorsorge haben, den Job aber auch nicht bis ins hohe Alter machen können und gleichzeitig körperlich stark gefordert werden, erkranken sie früh an schweren Krankheiten und sterben früh und einsam, während sie auf die Hilfe von Hilfsorganisationen angewiesen sind.

7. Prostitution bedeutet Ausbeutung
In einem kapitalistischen System bedeutet jede Form von Lohnarbeit Ausbeutung, so ist es auch mit der Prostitution. Die Prostitutierten haben sprichwörtlich nichts anderes mehr als ihre Körper, die sie zu Markte tragen können, um im kapitalistischen System überleben zu können. Dabei können sie nur hoffen, dass das, was sie mit ihren Körperöffnungen verdienen, reicht, um die horrenden Mieten für die Zimmer in einem der Großbordelle (um die 5000 Euro im Monat), die Vergnüngssteuern und die Eintrittspreise in den Clubs, die sie bezahlen müssen, um sich dort an den Theken feilzubieten, und dann noch sich selbst über die Runden zu bringen. Es bedarf nicht viel, um sich auszurechnen, dass bei Preisen zwischen 30 und 50 Euro und einer Schicht von 14 Stunden da nicht allzuviel von übrig bleibt. Gleichzeitig sind die neuen Groß- und Edelbordelle beliebte Anlegemöglichkeiten geworden, die hohe Renditen abwerfen. Von diesen Renditen sehen die Frauen, die sie mit ihren Körpern und mit ihren Seelen verdienen, nichts. Es heißt, sie arbeiten auf eigene Rechnung. Sind sie krank und arbeiten nur einen Tag nicht, reißt das tiefe Lücken in ihre Finanzen. Verantwortlich dafür will niemand sein, an ihnen verdienen hingegen will jeder.

8. Prostitution ist mit der Menschenwürde unvereinbar
Bereits 1949 formulierte die UN eine Konvention, in der sie festhielt, dass Prostitution mit der Menschenwürde nicht vereinbar ist. 91 Staaten unterzeichneten das Papier. Deutschland war nicht unter ihnen. Die Vorstellung, dass ein Mensch einen anderen kaufen kann, um ihn für seine Bedürfnisse zu benutzen, ist mit der Vorstellung der Menschenwürde unvereinbar. Aus diesem Grund ist es richtig, die Prostitution mit der Sklaverei zu vergleichen. Es muss ein Wandel im gesellschaftlichen Diskurs, in der Wahrnehmung stattfinden. Es ist nicht richtig, sich eine Frau zu kaufen und sie zu benutzen. Hier muss eine moralische und eine juristische Grenze gezogen werden, so wie eine Grenze gezogen wurde, einen anderen Menschen zu seinem Eigentum zu machen.

9. Prostitution steht dem gleichberechtigten und respektvollen Umgang der Geschlechter entgegen
Es steht nicht gut um die Gleichberechtigung in Deutschland. Die Debatten um Alltagssexismus und sexuelle Gewalt in den vergangenen Monaten haben das deutlich gemacht. Wie aber sollen wir je zu wirklicher Gleichberechtigung kommen, solange es in jeder größeren Stadt, an jeder Straßenecke, in Modelwohnungen möglich ist, sich eine Frau zu kaufen und sie wie den letzten Dreck zu behandeln? Solange Frauenkörper käuflich sind, sind sie missbrauchbar, sind sie verfügbar und verhandelbar. Solange es Prostitution gibt, sind Frauen eine Ware, die quer durch Europa gehandelt wird.

10. In einer freien und gerechten Gesellschaft ist kein Platz für Prostitution
In den vergangenen Jahren haben einige europäische Länder ihre Erfahrungen mit der Prostitution machen können. In den Niederlanden ist Prostitution seit 2000 legal. Dort überlegt man nun, das Gesetz zurückzunehmen, auch Frankreich und Irland ziehen nach. Prostitution unter Strafe zu stellen, bedeutet keinen Rückfall in Prüderie und Lustfeindlichkeit. Es bedeutet, die Schwächsten unter uns zu schützen, nämlich jene Frauen, die tatsächlich nichts anderes als ihre Körper feilzubieten haben, um im kapitalistischen System zu überleben und dabei von Zuhältern, Bordellbesitzern und auch vom Staat und seiner Vergnügungssteuer ausgebeutet werden, so wie wir Kinderarbeit und Sklaverei unter Strafe gestellt haben – und beides in Europa nicht endgültig besiegen, aber doch zumindest bekämpfen können. Es geht nicht darum, Sex unter Strafe zu stellen, sondern die körperliche Ausbeutung, es geht darum, die Frauen vor einem rücksichtslosen und brutalen System zu schützen. In einer freien und gerechten Gesellschaft ist kein Platz für Prostitution. Jeder, der sich mit etwas anderem abfinden möchte, hat aufgegeben, sich für eine andere Gesellschaft einzusetzen, der hat akzeptiert, dass wir von Gewalt, Ausbeutung und Gier regiert werden und es keinen Schutz für niemanden von uns gibt.
Jede von uns, auch deine Tochter, könnte die nächste sein, wenn ihr einer der Loverboys ihr schöne Augen macht und die Polizei dann erzählt, dass alles sei vollkommen legal. Ein Job wie jeder andere.

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