Die im Rahmen der Gesetzesevaluation durchgeführten
Befragungen der prostituierten Personen durch das unabhängige Forschungsinstitut Vista Analyse AS haben zu folgenden zentralen
Ergebnissen bezüglich der Entwicklung des Marktes geführt.
Beobachtung des Marktes vor und nach dem Sexkaufgesetz
Ausgangspunkt ist ein nationaler Prostitutionsmarkt. Die meisten der prostituierten Personen waren ehedem norwegische, drogenabhängige Frauen, die auf dem Markt waren um sich ihren Drogenbedarf zu finanzieren. Solange der Markt hauptsächlich aus ihnen bestand, war es möglich, auf der Angebotsseite eine Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten, die als Semi-Kartell charakterisiert werden kann. Das schloss Zusammenarbeit bei den Preisen und eine Reihe anderer ungeschriebener Regeln und Normen ein, unter anderem zur Nutzung von Kondomen und zu den Diensten, die „gut“ angeboten werden konnten. Solange sich Abgang und Zugang zum Markt einigermaßen im Gleichgewicht befanden und dieser sich übersichtlich zeigte, war der Markt durch die Macht des Angebots geprägt. Dadurch gab es im Vergleich zu Verhältnissen auf einem unregulierten Markt höhere Preise und ein geringeres Angebot.
Die Innenprostitution wurde in den 80er Jahren vor allem
durch ressourcenstarke norwegische Frauen geprägt. Nach und nach etablierten
sich auch Gruppen thailändischer und südamerikanischer Frauen (besonders aus
der dominikanischen Republik), von denen viele durch Ehen mit norwegischen
Männern nach Norwegen gekommen waren. Das führte zu einer Zunahme der Anzahl
der Massageinstitute, in denen „sexuelle Dienste“ angeboten wurden. Die
Erfahrungen aus den 70er, 80er, 90er Jahren zeigen, dass Institute
hervorschießen, wenn der Markt in Ruhe gelassen wird, während Aufmerksamkeit
durch Polizei und Öffentlichkeit zu Schließungen und reduzierter Nachfrage
führt.
Der mobile Prostititutionsmarkt mit Annoncen im Internet hat
sich um die Jahrtausendwende etabliert. Ab 2000 erhöht sich die Anzahl
ausländischer prostituierter Personen sowohl in der Innenprostitution als auch
in der Straßenprostitution. Die Macht des Angebots kollabiert, was in beiden
Märkten zu fallenden Preisen und erhöhter Konkurrenz führte. Norwegen wurde
nach und nach Teil des internationalen Prostitutionsmarktes, geprägt durch
große Rotation und eine starke Zunahme der Anzahl prostituierter Personen aus
armen und mittelarmen Ländern. Zuerst kamen osteuropäische Frauen, danach
afrikanische prostituierte Personen mit dem Schwerpunkt Nigeria auf den
norwegischen Markt.
Vor Einführung des Sexkaufgesetzes wurde die
Straßenprostitution stark durch prostituierte Personen aus Nigeria und zusätzlich
durch Frauen aus armen Gebieten Europas dominiert. Die Innenprostitution wurde durch
osteuropäische und asiatische Frauen beherrscht. Ähnlich wie die meisten
europäischen Prostitutionsmärkte entwickelte sich der norwegische Markt von
einem nationalen zu einem internationalen Markt verbunden mit dem dazugehörigen
Preisverfall und erhöhter Konkurrenz auf dem Markt. Der Markt entwickelte sich
nach 2000 von einem Verkäufermarkt immer mehr zu einem Käufermarkt.
Die norwegischen Frauen, die den Markt traditionell
dominiert hatten, erlebten:
- Physische Verdrängung vom Markt, indem sie auf eigene Gebiete verwiesen wurden
- Erfahrung größerer Unsicherheit auf dem Strich durch Hintermänner der Konkurrentinnen und durch geringeren Zusammenhalt unter prostituierten Personen.
- Verlust der Konkurrenzkraft gegenüber jüngeren und drogenfreien Konkurrentinnen
- Erhöhung von Konkurrenz und Arbeitsdruck, da die neuen Gruppen länger und mehr arbeiteten und eine wesentlich größere Präsenz auf dem Markt hatten, als es früher üblich war
Für die Initiativen/Hilfsorganisationen wurde
offensichtlich, dass unter den prostituierten Personen aus dem internationalen
Markt viele Frauen von kriminellen Netzwerken ausgenutzt wurden. Nadheim
schreibt 2006, dass bei Zugrundelegung der Definition von Menschenhandel aus
§224 des Strafgesetzbuches angenommen wird, dass die Mehrheit der ausländischen
Frauen Menschenhandel ausgesetzt war oder ist. Von den anderen hat der größte
Teil zu dem einen oder anderen Zeitpunkt Unterstützung von Organisatoren
erhalten, um nach Norwegen zu kommen. Dafür haben sie an die Organisatoren
bezahlt oder bezahlen immer noch. Bei Einführung des Sexkaufverbotes 2009 ging
der Umgang sowohl der Innenprostitution als auch der Straßenprostitution
zurück, um bis 2012 wieder etwas anzusteigen. In der gegenwärtigen Situation
scheint sich der Markt auf einem niedrigeren Niveau stabilisiert zu haben, etwa
20-25% niedriger als vor Einführung des Gesetzes. Die Schlussfolgerung in Bezug auf die Reduzierung des Umfangs nach
Einführung des Sexkaufgesetzes ist gesichert.
Die im Markt heute am deutlichsten sichtbare Entwicklung
besteht in der Zunahme der Anzahl von Frauen aus Nigeria, Albanien und
teilweise aus Rumänien und Bulgarien in der Straßenprostitution. Es wird auch
eine Zunahme an russischen prostituierten Personen mit Aufenthalt in Spanien
durch Ehen mit spanischen Männern zusätzlich zu einigen westlichen
prostituierten Personen, die andere Märkte als Hauptarbeitsplatz haben,
beobachtet. Schlechte Bedingungen auf anderen Märkten führen dazu, dass
Norwegen nach wie vor ein Ziel ist und dies trotz härterer Konkurrenz, niedrigerer
Nachfrage und schlechterem Verdienst als früher. Im Vergleich mit der Situation
vor Inkrafttreten des Gesetzes zeigen unsere Berechnungen eine niedrigere
Anzahl von prostituierten Personen auf dem Markt als vor der Einführung des
Gesetzes
Prostitution in Norwegen mit und ohne Sexkaufgesetz
Die Entwicklung in der EU und in den Prostitutionsmärkten in
anderen Teilen Europas hätte ohne das Sexkaufgesetz nach 2008 mit großer
Wahrscheinlichkeit zu einem weiteren Wachstum des norwegischen
Prostitutionsmarktes geführt. Es wird eingeschätzt,
dass sich der Umfang ohne Sexkaufgesetz im Vergleich zum
Ausgangsniveau von 2008 um 45 Prozent erhöht hätte.
Verglichen mit der
Situation von 2008, das heißt vor der Einführung des Sexkaufgesetzes, lässt
sich insgesamt eine Reduzierung der Anzahl Prostituierter auf dem norwegischen
Prostitutionsmarkt um 20 - 25 Prozent feststellen. Die prozentuale Reduzierung
der Anzahl der Sexkäufe ist wahrscheinlich größer. Das ergibt sich aus Aussagen
über längere Wartezeiten zwischen jedem Kunden, über kürzere Aufenthalte in
Norwegen und erhöhte Reiseaktivitäten bei einem großen Teil der Prostituierten
auf dem norwegischen Markt.
Verfügbare Informationen über die Preis- und
Einkommensentwicklung auf dem Markt weisen auf fallende Realpreise hin. Mit
fallenden Realpreise und reduziertem Angebot bestätigt die Entwicklung wirtschaftlicher
Indikatoren, dass sich die Nachfrage nach dieser Art von Dienstleistungen
reduziert hat.
Quelle: Vista Analyse AS: Evaluering
av forbudet mot kjøp av seksuelle tjenester (Kapitel 9 und 10)
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