Mittwoch, 17. September 2014

Die Lebenssituation von Frauen (und Männern) in der Prostitution

Die im Rahmen der Gesetzesevaluation durchgeführten Befragungen der prostituierten Personen durch das unabhängige Forschungsinstitut Vista Analyse AS haben zu folgenden zentralen Ergebnissen bezüglich der Lebenssituation von Frauen (und Männern) in der Prostitution geführt.

Der Zweck des Gesetzes besteht in der Änderung von Einstellungen, der Verringerung der Nachfrage und der Stärkung von Maßnahmen gegen den Menschenhandel. In diesem Kapitel liegt der Augenmerk auf den wirtschaftlichen Bedingungen, den Arbeitsbedingungen und dem Risiko Gewalt und Schikane ausgesetzt zu sein.

Diejenigen, die Sex verkaufen, sei es in der Straßenprostitution oder in der Innenprostitution, tun dies aus wirtschaftlichen Gründen. Weibliche Drogenabhängige verkaufen Sex, um ihren Drogenkonsum zu finanzieren. Ausländische prostituierte Personen verkaufen Sex, um Schulden bei Hintermännern zu tilgen und/oder um ihre Familien in Norwegen oder im Heimatland zu versorgen. Für ausländische Frauen, die von ihren norwegischen Ehemännern geschieden wurden, bietet sich in vielen Fällen Prostitution als einzige Möglichkeit an, um sich ernähren zu können. Es gibt auch eine Gruppe norwegischer und ausländischer Frauen und Männer, die sich selbst dafür entschieden haben, als prostituierte Personen in Norwegen zu arbeiten. Ein hoher Anteil von ihnen verfügt über alternative Einnahmequellen, von denen manche auch anderen Arbeiten nachgehen.
Laut Norli (2006) leisten die meisten Personen mit ausländischer Herkunft Zahlungen an einen Dritten, und viele sind auf die eine oder andere Weise in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt. Dies gilt auch für Frauen aus Ländern mit visumfreiem Zugang nach Norwegen.

Das Gesetz hat zu einem verringerten Gesamtumsatz in Norwegen beigetragen
Das gesamte Einnahmepotential für die Prostitutionsausübung in Norwegen hat sich verringert. Ohne Sexkaufgesetz und ohne Anwendung der beiden anderen Gesetze hätte es vermutlich mehr prostituierte Personen im Markt und auch mehr Opfer des Menschenhandels in Norwegen gegeben. Dies hätte in dem Markt zu erhöhter Konkurrenz geführt.
Befragungen der Initiativen/Organisationen und von Prostituierten zeigen eine äußerst kritische Einstellung zur Operation der Polizei Oslo «Operation Husløs (siehe Kapitel 6), weil diese Operation angeblich die Mietkosten für die Prostituierten und auch das Risiko erhöhe, dass Prostituierte aus ihren Wohnungen hinausgeworfen werden. Die Polizei weist ihrerseits darauf hin, dass der Markt in erster Linie aus reisenden Prostituierten bestehe, die nur für kurze Dauer in Oslo seien, sodass auch nicht deren Zuhause von der «Operation Husløs» betroffen sei. Die «Operation Husløs» ist ungeachtet dessen nicht im Sexkaufgesetz begründet. Die Operation begann lange vor Inkrafttreten des Sexkaufgesetzes und kann nicht als Wirkung des Gesetzes angesehen werden.

Käufermarkt auch bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes

Die erhöhte Konkurrenz hat lange vor der Einführung des Sexkaufgesetzes einen „Käufermarkt“ (Markt des Freiers) geschaffen. Der Markt des Freiers ist in erster Linie eine Folge der erhöhten internationalen Konkurrenz im norwegischen Markt und in wesentlich geringerem Maße die Folge einer schwächeren Nachfrage. Die verringerte Nachfrage hat hingegen dazu beigetragen, dass im norwegischen Markt Platz für weniger Personen ist.

Die Zunahme der Anzahl thailändischer Frauen bei Initiativen/Hilfsorganisationen ist darauf zurückzuführen, dass der Markt für Massageinstitute immer schwieriger geworden ist.
Den Initiativen/Organisationen zufolge gibt es weniger Kunden seit der Einführung des Gesetzes und dadurch mehr Menschenhandelsopfer, die ihre Schulden nicht mehr bedienen können. Dies bewirkt, dass sie sich in höherem Maße der unterschiedlichen Hilfsmaßnahmen bedienen, was wiederum die Möglichkeit zur Aufdeckung des Menschenhandels erhöht.

Menschenhandel ein Teil des Prostitutionsmarktes

Ein Bericht der Koordinationsabteilung für die Opfer des Menschenhandels (KOM) von 2012 zeigt, dass die Zahl der Opfer des Menschenhandels in Norwegen zum Zwecke der Prostitution 2007 bei 162 Personen lag und sich 2008 auf 180 erhöhte. 2009 hatte sich die Zahl dieser Opfer auf 198 erhöht, um dann 2010 leicht auf 194 und 2011 auf 187 zu fallen. 2012 erhöhte sich diese Zahl auf 239.
Nadheim schreibt im Jahresbericht von 2006, dass gegen Ende 2006 deutlich hervorgetreten ist, dass viel mehr ausländische Frauen von kriminellen Netzwerken ausgebeutet werden, als wir geglaubt hatten. Wir nehmen jetzt an, dass die Mehrheit der ausländischen Frauen, die wir antreffen, Menschenhandel ausgesetzt ist oder war, wenn wir die Definition von Menschenhandel von Paragraph 224 des Strafgesetzes zugrunde legen.
Die Antriebskräfte hinter dem Menschenhandel werden gerne in Pull- und Push-Faktoren (ILO 2003) aufgeteilt:
Push-Faktoren:
  • Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und Ethnizität
  • Feminisierung von Armut und Migration
  • Zunehmender Materialismus und Wunsch nach einem besseren Leben
  • Hohe Toleranz und Akzeptanz für Gewalt gegen Frauen
  • Ineffiziente Gesetzgebung und fehlende Anwendung der bestehenden Gesetze
  • Mangelnder Respekt vor Menschenrechten

Pull-Faktoren:
  • Wachstum des informellen Arbeitsmarktes
  • Menschenhandel ist mit geringem Risiko und hohem Verdienst verbunden
  • Das Fehlen einer effizienten Gesetzgebung und mangelnde Anwendung bestehender Gesetze
  • Diskriminierende sozio-kulturelle Praxis gegenüber Frauen und ihren Lebensumständen
  • Mangelnder Respekt vor Menschenrechten

Das Risiko bei prostitutionsbasierten Menschenhandel hat sich in Norwegen infolge des Sexkaufgesetzes mit dazu gehörender Anwendung erhöht, während sich der Verdienst gleichzeitig verringert hat. Das Gesetz hat mit anderen Worten wichtige Pull-Faktoren beeinflusst und vermutlich dadurch den Umfang des Menschenhandels nach Norwegen im Verhältnis zu dem, was ansonsten der Fall gewesen wäre, verringert. Die Kombination aus Sexkaufgesetz und Verbot von Zuhälterei und Menschenhandel schwächt die zentralen Zug-Faktoren für prostitutionsbasierten Menschenhandel nach Norwegen ab.
Für die Frauen und Männer, die prostitutionsbasiertem Menschenhandel ausgesetzt und bereits in Norwegen sind, ist das Sexkaufgesetz in erster Linie in der Form von Bedeutung, dass es der Polizei bessere Möglichkeiten zur Aufdeckung von und Ermittlung in Fällen von Menschenhandel gibt. Die Überwachung des Marktes durch die Polizei kann auch dazu beitragen, die Prostituierten, die im Markt sind, abzusichern.

Eine geschwächte Nachfrage und erhöhte Kosten infolge einer aktiven Anwendung des Zuhältereiparagraphen verringern die Einnahmen, wodurch es schwieriger gemacht wird, Schulden bei Hintermännern zu tilgen. Dies kann dazu beitragen, dass mehr Frauen um Hilfe ersuchen. Dies wiederum kann dazu führen, dass die Schulden herabgesetzt werden, um die Frauen in die Lage zu versetzen, diese Schulden zu bedienen. Damit soll vermieden werden, dass sie, um aus ihrer Situation herauszukommen, Hilfe suchen oder annehmen. Es liegen Informationen vor, die darauf hindeuten, dass sich die Zahlungen, um nach Norwegen kommen zu dürfen, verringert haben.
Ein schwieriger Markt infolge verringerter Nachfrage und schwierigerer Verhältnisse im Miet- und Hotelmarkt erhöht die Schwelle für den Einstieg in die norwegische Innenprostitution. Auch dies trägt zu weniger Opfern des Menschenhandels in Norwegen bei.

Gewalt – Teil des Prostitutionsmarktes

Befragungen von Personen, die im Markt tätig sind, zeigen, dass manche die heutige Lage als unsicherer als früher empfinden. Andere meinen, dass das Gesetz die Kunden vorsichtiger gemacht habe, weil sie wegen Sexkaufs angezeigt werden könnten, sofern sie nicht bezahlen oder Gewalt ausüben.

Informationen aus der Innenprostitution zeigen, dass manche die Preise hoch halten, um schwierige Kunden zu vermeiden. Es werden Erfahrungen wiedergegeben, nach denen niedrige Preise zu „schlechteren“ Kunden führen. Sollten niedrigere Preise zu einem erhöhten Anteil an Kunden geführt haben, der zur Gewaltanwendung neigt, ist dies eine Wirkung der Marktsituation in der EU und keine Wirkung des Sexkaufgesetzes.

Für den Zeitraum 2000-2002, als der Prostitutionsmarkt in Norwegen zumeist noch aus norwegischen, weiblichen Drogenabhängigen bestand, wird ein Arbeitsalltag beschrieben, in dem Gewalt und Drohungen keineswegs ungewöhnliche Kost waren (Utekontakten, 2002). Für 79% dieser Tätlichkeiten waren Sexkäufer verantwortlich.

Die Studien von Pro Center von 2007/2008 und von 2012 bestätigen frühere Studien, nach denen Prostituierte eine durch Gewalt gefährdete Gruppe sind. Die Studien liefern dagegen keine ausreichende Grundlage dafür, um die in den Prostitutionsmilieus vor und nach Einführung des Sexkaufgesetzes vorkommende Gewalt miteinander vergleichen zu können, und noch weniger eine Grundlage dafür, die es ermöglichen würde, eventuelle Wirkungen zu bewerten, die das Sexkaufgesetz auf diesen Bereich hatte.
Utekontakten in Bergen (02/10) hat durch ein umfangreiches Untersuchungsprojekt die örtlichen Konsequenzen des Sexkaufgesetzes in Bergen bewertet. Gewalt ist zentraler Bestandteil der Untersuchung. Der Bericht kommt zu der Schlussfolgerung, dass keine Änderungen an dem gegen die Frauen in der Prostitution gerichteten Umfang der Gewalt zu Tage treten.

Hält man sich illegal in Norwegen auf wird die Hemmschwelle Gewalt anzuzeigen hoch sein. Manche verzichten auf eine Anzeige, da sie den Verlust ihrer Wohnung befürchten, während wiederum andere negative Erfahrungen mit der Polizei in ihrer Heimat- oder in einem anderen Land gemacht haben und es daher nicht wagen, Anzeige zu erstatten.

Raub und Erpressung sind eine Form der im Prostitutionsmarkt vorkommenden Gewalt. Das Risiko dafür, dass man beraubt oder Geld oder sonstige Wertsachen anderweitig entwendet werden, bildet einen zentralen Faktor in der Lebenssituation derjenigen, die in der Prostitution tätig sind. Diese Art von Vorkommnissen und Risiken wurde auch 2002 beschrieben. Damals wie heute wurde/wird darauf hingewiesen, dass die Hemmschwelle, Gewalt gegen prostituierte Personen anzuzeigen, hoch ist.
Nach Vista Analyse gibt es keine Grundlage, um sagen zu können, ob die Gewalt infolge des Sexkaufgesetzes zugenommen oder abgenommen hat. Es wird der Eindruck vermittelt, dass weniger Personen Anzeige erstatten. Zur Bewertung, inwieweit dies gegebenenfalls durch das Sexkaufgesetz oder durch eine geänderte Zusammensetzung mit einem höheren Anteil prostituierter Personen aus Gruppen, die aus anderen Ursachen keinen Kontakt zur Polizei haben möchten, bedingt ist, fehlt uns die Grundlage. Dagegen ließ sich untermauern, dass die Zahl derer, und dabei insbesondere prostituierte Personen auf dem Straßenstrich, zugenommen hat, die seit Einführung des Sexkaufgesetzes eine größere Unsicherheit empfinden.

Die meisten Informant/innen von Initiativen/Organisationen sagen, dass sie nicht den Eindruck haben, dass die Gewalt gegen prostituierte Personen nach Einführung des Sexkaufgesetzes zugenommen hat. Manche erleben es, dass prostituierte Personen Gewaltdelikte in gleich hohem Maße wie vor dem Gesetz bei der Polizei anzeigen, während andere den Eindruck haben, dass sich die Hemmschwelle für eine Anzeige erhöht hat. Das Gesetz ist nicht Bestandteil des Alltags der prostituierten Personen, da viele nicht in Norwegen waren, bevor das Gesetz verabschiedet wurde.

Arbeitsbedingungen von prostituierten Personen nach dem Sexkaufgesetz

Es gibt in erster Linie vier Änderungen in den Arbeitsbedingungen, die nach Ansicht der Frauen in der Prostitution dem Gesetz zugeschrieben werden können:
1) geringere Verhandlungsmacht auf dem Straßenstrich,
2) nervösere Kunden, von denen ein höherer Anteil auf dem Straßenstrich als rüder erlebt wird,
3) dass die Kunden weniger Zeit haben
4) mehr feste Kunden
Während sich die ersten beiden Änderungen auf schlechtere Arbeitsbedingungen beziehen, werden die letzten beiden Änderungen als positiv empfunden. Von der Innenprostitution wird darauf hingewiesen, dass es durch die Anwendung des Zuhältereiparagraphen in Kombination mit der Jagd auf Sexkunden schwieriger werde, in größeren Einheiten oder in Massageinstituten zu operieren.
Tveit und Skilbrei (2008) zeigen jedoch, dass es auch schon vor Einführung des Sexkaufgesetzes schwieriger war gemeinsam in größeren Einheiten zu arbeiten und die meisten in der Innenprostitution daher allein arbeiteten, eventuell noch zu zweit oder zu dritt – im Prinzip behinderten die Behörden bereits seit den 70er Jahren durch verschiedene Maßnahmen größere Einheiten organisierter Bordellbetriebe. Es ist deutlich, dass die Bedingungen für Bordellbetriebe und die Organisation dieser Form von Betrieben schwieriger werden und schlechtere Erträge für Zuhälterei und prostitutionsbasierten Menschenhandel in Norwegen ergeben.
Erfahrungen und Dokumentationen von Instituten, Bordellen und organisierten Wohnungen zeigen starke Unterschiede in Arbeitsverhältnissen. Dabei geht es darum, inwieweit jene, die innerhalb dieser Art von Einheiten arbeiten, mit Kontrollmechanismen überwacht werden, und wie hoch der Anteil am Verdienst ist, den die einzelnen Prostituierten behalten dürfen. Obwohl sie allein bessere Bedingungen innerhalb eines organisierten Betriebes erzielen könnten, würde eine passivere Anwendung des Zuhältereiparagraphen jenen Instituten größere Spielräume eröffnen, in denen Frauen und Männer ausgebeutet werden.
Frauen auf dem Straßenstrich berichteten, wie die Polizei sie durchsucht und damit konfrontiert habe, eine große Anzahl Kondome dabei zu haben – was angeblich beweise, dass sie in der Prostitution tätig seien (Nadheim, 2013). Das Ergebnis ist, dass die Frauen nicht die eigentlich wünschenswerte Anzahl von Kondomen von Initiativen/Organisationen annehmen möchten. Dies bedeutet ein potentiell höheres Gesundheitsrisiko für die prostituierten Personen. Nadheim berichtet auch über Hotelketten, die Frauen bestimmter Nationalität den Hotelaufenthalt verweigern.
Wenn es für die prostituierten Personen schwieriger wird, Zimmer/Räumlichkeiten selbst anzumieten, werden sie abhängiger davon, dass andere den Betrieb organisieren und Wohnungen/Räume für sie finden. Dies kann mit der Zeit dazu beitragen, die Abhängigkeit zwischen den einzelnen Prostituierten und dem Apparat der Hintermänner zu verstärken.
Generell sind die Arbeitsbedingungen von Frauen in der Prostitution durch extrem wenige Rechte gekennzeichnet. Viele empfinden die Prostitution als einzige Alternative in ihrer aktuellen Lebenssituation, obwohl die Mehrheit der prostituierten Personen sich einen anderen Alltag wünscht.
Ein hoher Anteil der prostituierten Personen befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der sie von einem Netzwerk von Hintermännern ausgebeutet werden. Manche sind auch unterschiedlichen Kontrollmechanismen, Drohungen gegen ihre eigene Person oder ihre Familie im Heimatland ausgesetzt. Ohne Rechte auf einen Aufenthalt oder eine Arbeit in Norwegen oder in anderen europäischen Ländern ist der Weg aus der Prostitution heraus äußerst schwierig. Die Initiativen/Organisationen haben auch nur begrenzte Mittel im Hinblick darauf, Frauen ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Norwegen zu helfen, alternative Einnahmequellen zu finden. Durch das Sexkaufgesetz haben Personen in der Prostitution aber einen rechtlichen Schutz gegen die Kunden erhalten.
Mangelnde Alternativen
Es fehlt an Alternativen zur Prostitution. Rechte hat man erst, wenn man als Opfer des Menschenhandels identifiziert wurde. Häufig nehmen die Frauen Kontakt auf, weil sie mit jemandem reden möchten.
Die Frauen wenden sich auch an die Hilfsorganisationen, weil sie ärztliche Hilfe oder Hilfe gegenüber den Behörden benötigen. Mitarbeiter im Hilfsapparat, die einen Weg aus der Prostitution heraus anbieten, haben es noch niemals erlebt, dass jemand in der Prostitution bleiben möchte. Es gibt zum Beispiel keine Opfer von Menschenhandel, die das Angebot der Reflektionszeit (Bedenk-/Erholzeit) ablehnen. Es besteht der starke Wunsch danach, sich wieder wie ein Mensch fühlen zu dürfen. Prostituierte zu sein, ist ein hartes Leben, sowohl physisch als auch psychisch. Unterleibsbeschwerden, sexuell übertragbare Krankheiten und Drohungen sind ein Teil des Alltags, obwohl die Frauen alles tun, was sie können, um auf sich aufzupassen. Es gibt Stimmen von Seiten der Initiativen/Organisationen, die sagen, dass sie sich in der von norwegischen prostituierten Personen in den Medien skizzierten Wirklichkeit nicht wiedererkennen würden.
Ein gemeinsamer Nenner unter den Akteuren auf Seiten der Initiativen/Organisationen besteht darin, dass sie sich mehr Ressourcen in Zusammenhang mit den Maßnahmen gegen Prostitution und Menschenhandel wünschen. Es besteht der Wunsch nach langfristigeren Bewilligungen und mehr Ressourcen für die Polizei, da manche Fälle von Menschenhandel entweder nicht bis zur Ermittlungsphase gelangen oder eingestellt werden. Auch die Initiativen/Organisationen berichten, dass der Markt auf den Einsatz der Staatsanwaltschaft und der Polizei reagiert. Der Markt ist leicht beeinflussbar durch Urteilsentscheidungen und Signale. Ein geringeres Augenmerk auf ein Milieu bedingt, dass dessen Anteil im Markt aufblüht.
Diese Maßnahmen zeigen Wirkung:
Qualifizierende Maßnahmen  wie Sprachkurse, Schreibkurse und Maßnahmen in Bezug auf Arbeitsmarkt und Ausbildung wie das ADORA-Projekt (in Zusammenarbeit mit der Tone-Lise Gruppe) funktionieren gut. Norwegischkurse werden durch viele als Schlüssel zu anderen Arbeitsmöglichkeiten in Norwegen bewertet. Ausbildung ist ein wichtiges Mittel für Frauen, die aus der Prostitution aussteigen wollen. Auf diese Weise haben die im Kielwasser des Sexkaufgesetzes bewilligten Mittel einen deutlich positiven Effekt erzielt. Die mentale Gesundheit der Prostituierten verbessert sich durch diese Maßnahmen. Sie geben ein Gefühl, Problemen aktiv angehen zu können und tragen dazu bei, die Frauen psychisch aufzubauen. Praktikumsplätze in den Bereichen Reinigung und Kantine erzielen ebenfalls positive Wirkungen. Wenn identifizierte Opfer von Menschenhandel nicht vor Gericht landen und deshalb in ihre Heimatländer zurückreisen müssen, verfügen sie über Papiere, die sie von ihrem Aufenthalt in Norwegen vorweisen können. Auf diese Weise entgehen sie auch im Heimatland dem mit der Prostitution verbundenen Stigma. Andere positive Maßnahmen im Gefolge der nach Einführung des Sexkaufgesetzes bewilligten Mittel sind kommunale Wohnungen,  die in der Reflektionszeit zur Verfügung gestellt werden (zum Beispiel in Stavanger).
Zusammenfassung
Das Sexkaufgesetz hat zu einem höheren Risiko für den Kunden geführt, und dies hat sich in einer schlechteren Verhandlungssituation für Prostituierte auf dem Straßenstrich niedergeschlagen, die jetzt eine raschere Entscheidung darüber treffen müssen, ob sie mit dem Kunden zusammenbleiben möchten oder nicht. Die Arbeitsbedingungen in der Straßenprostitution werden daher als härter und unsicherer empfunden. Nervösere Kunden führen auch dazu, dass sie weniger Zeit haben und mehrere von ihnen feste Anbieter/innen vorziehen. Dies wird von prostituierten Personen als positiv empfunden.
Durch die Anwendung des Sexkaufgesetzes in Kombination mit dem Zuhältereiparagraphen ist es für Männer und Frauen in der Prostitution schwieriger geworden, selbst einen geeigneten Ort für den Verkauf sexueller Dienstleistungen zu finden. Dies kann zu mehr Abhängigkeit von Hintermännern führen und die Möglichkeit verringern, von einem Ort aus gemeinsam mit (vielen) anderen Prostituierten zu arbeiten. Bemerkenswert ist, dass Tveit und Skilbrei (2008) eine Situation beschrieben haben, in der Prostituierte von großen zu kleinen Einheiten wechselten, wo sie in höherem Maße als früher allein arbeiteten – auch schon vor Inkrafttreten des Sexkaufgesetzes. Die Präferenzen der Kunden und die Anwendung des Zuhältereiparagraphen werden als wichtigste Erklärungsfaktoren für diese Entwicklung herangezogen.
In Bezug auf das Risiko, Gewalt und Schikane ausgesetzt zu sein, verspüren Frauen in der Prostitution, insbesondere in der Straßenprostitution, eine zunehmende Unsicherheit infolge des Sexkaufgesetzes. Andere weisen darauf hin, dass das Sexkaufgesetz die Kunden vorsichtiger gemacht habe, weil sie wissen, dass die Prostituierten sie wegen des Kaufs von Sex anzeigen oder der Polizei Hinweise auf konkrete Prostitutionskunden geben könnten. Mit einem hohen Anteil an Wiederholungstätern auf der Käuferseite trägt das Gesetz diesen Informant/innen zufolge dazu bei, dass die Kunden sich besser benehmen, als sie es ansonsten gemacht hätten.
Gewalt ist Bestandteil des Prostitutionsmarktes. Die Erfahrungen zeigen, dass es immer schon schwierig war, die gesamte Gewalt gegen Prostituierte aufzufangen und es viele Ursachen dafür gibt, dass Prostituierte Gewalt häufig nicht anzeigen möchten.

Quelle: Vista Analyse AS: Evaluering av forbudet mot kjøp av seksuelle tjenester (Kapitel 11) 

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