Heute findet eine Anhörung zum neuen Prostitutionsgesetz im Deutschen Bundestag statt. Wir bedauern, dass der Nordische Ansatz - trotz Empfehlung des Europaparlaments - in die Beratungen leider gar nicht erst als Möglichkeit in Betracht gezogen wurde. Wir halten den Versuch einer weiteren Regulierung für verschenkte Zeit, in der weitere Hunderttausende von Mädchen- und Frauenleben zerstört werden.
Hier ist eine Übersicht von dazu abgegebenen und bereits verfügbaren Stellungnahmen.
Lutz Besser, Arzt, Psychiater, Traumaexperte und Leiter des Zentrums für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen.
"Es beginnt mit der sprachlichen Nivellierung, Verharmlosung, also der Benutzung von Begrifflichkeiten u.a. aus unserem Wirtschaftssystem, die der Dissoziation, also der Abspaltung vom Bewusstsein dienen, um was es sich in der Prostitution eigentlich handelt, nämlich die systematisierte und legalisierte Ausbeutung, Benutzung und Erniedrigung von Frauen als Sexualobjekte:
Gewerbetreibende, Horizontales Gewerbe, Gewerbegebiete, Angestellte, abhängige Beschäfti-gungsverhältnisse in Prostitutionsstätten, Freudenhäuser, käufliche Liebe, Liebesdienerinnen, Damen und Herren, die sich im Rotlichtmilieu (romantisch) zum Liebesspiel treffen, Freier, Kunden, leichte Mädchen und schwere Jungs, Bordsteinschwalben und dann wieder ganz abwertende Begriffe wie Huren und Schlampen, wie sie gerne von „Freiern“ bezeichnet werden, wenn sie sich an ihnen bedient haben usw." - ganze Stellungnahme hier lesen
Leni Breymaier - SISTERS - Für den Ausstieg aus der Prostitution
"Das Gesetz weist in die richtige Richtung, indem es versucht, die Ausbeutung von Frauen in
der Prostitution zu begrenzen. Leider geht es nicht weit genug, denn es unterstellt, dass es
in Deutschland sog. „Sexarbeiterinnen“ gibt, die mehr oder weniger gerne ihrem Beruf, der
eine Tätigkeit wie jede andere sein soll, ausüben. Zwangs- und Armutsprostitution gäbe es
nur vereinzelt, dies sei verwerflich und könne mit bestehenden rechtsstaatlichen Mitteln
behoben werden.
Unsere Erfahrungen sind gänzlich andere. Die überwiegende Mehrheit der in der Prostitution
Tätigen sind Zwangs- und Armutsprostituierte. Die Prostitutionslandschaft hat sich seit der
"Liberalisierung" des Prostitutionsgewerbes in Deutschland gravierend und zum Nachteil der
in der Prostitution Tätigen verschlechtert. Dies in einem Maße, das gesellschaftlich und
politisch nicht toleriert und akzeptiert werden kann. Der vorliegende Gesetzentwurf
anerkennt das nur in Teilen. Wir werden kritisch beobachten, wie die zum Teil gut gemeinten
Regelungen in der Praxis umgesetzt werden." - Ganze Stellungnahme hier lesen
Wolfram Heide, Facharzt für Gynäkologie und Geburtsthilfe
"Für mich stellt sich nach einigen Jahren Arbeit mit Frauen in der
Prostitution die Frage, ob es überhaupt eine gesetzliche Regelung geben
kann, die die Menschen, die in der Prostitution tätig sind, ausreichend
schützt.
Ich hoffe sehr, im Interesse der Prostituierten und im Sinne
der Menschenwürde, die in unserem Land bei allem Tun an erster Stelle
stehe sollte, dass durch das Gesetz die Bedingungen für die Frauen etwas
besser werden, obwohl nach meiner persönlichen Meinung, die sich in den
letzten Jahren durch die Arbeit mit den Prostituierten sehr geändert
hat, drastischere gesetzliche Regelungen notwendig wären. Nach wie vor
leidet die überwiegende Zahl der Frauen in der Prostitution die mir
begegnen unter nicht hinnehmbaren menschenunwürdigen
„Arbeitsbedingungen“, die zu massiven psychischen und physischen
Schädigungen führen bis hin zur Ausbeutung und Gewalt.
Das nicht Hinzunehmen ist unserer aller Aufgabe, solche menschenunwürdigen Bedingungen darf es nicht geben, für niemanden" - Gesamte Stellungnehme hier lesen
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