Montag, 21. November 2016

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Von Michael Rose - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Vielleicht haben wir etwas verpasst. Die momentan noch im Netz verfügbare Ausgabe des Grundgesetzes und meine eigene neue Ausgabe, von der ich dachte, sie sei gültig, enthalten als Artikel 3, Absatz 2, Satz 2 folgenden Passus:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

An sich ziemlich klar.

Aber offenbar stellt dieser Satz keine verbindliche Rechtsnorm dar, oder er wurde in den letzten 15 Jahren durch folgenden ersetzt:

Der Staat trägt dazu bei, Nachteile bei Geschlechterasymmetrien zumindest teilweise zu kompensieren.

Das reicht offenbar als staatlicher Auftrag im Zusammenhang mit der extrem geschlechtsspezifischen Ausprägung der Prostitution. Es genügt, dazu beizutragen, Nachteile zumindest teilweise zu kompensieren.


Das entspricht nicht dem, was ich in verschiedenen Kursen zum Thema gelernt habe, und auch nicht dem, was ich an Jugendliche dazu weitergeben soll.

Ich bitte also um Aufklärung.

Details dazu:

Die Begründung im Gesetzesentwurf für das neue Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen erkennt dann doch auf Seite 58 im Gesamtzuammenhang „VI. Gesetzesfolgen“ unter dem letzten Punkt „6. Weitere Gesetzesfolgen“:


„Prostitution ist ein Wirtschaftsbereich, der in einem sehr hohen Maße durch Asymmetrien im Geschlechterverhältnis geprägt ist. Prostituierte sind zu einem weit überwiegenden Anteil weiblich; dies gilt sowohl für diejenigen Prostituierten, die ihre Tätigkeit weitgehend selbstbestimmt und freiwillig unter günstigen Rahmenbedingungen ausüben als auch für diejenigen Prostituierten, die fremdbestimmt, unter ausbeuterischen Umständen oder in besonders problematischen Segmenten der Prostitution tätig sind. Männliche Prostituierte bilden eine weitaus kleinere, aber ebenfalls nicht zu vernachlässigende Gruppe, die insgesamt weniger sichtbar ist. In nicht unerheblichem Umfang sind als Prostituierte auch transsexuelle, transgender, transidente oder intersexuelle Personen tätig, für die sich teilweise eigene Marktsegmente gebildet haben. Auf Seiten der Nachfrage dominieren männliche Kunden und bestimmen den Markt, jedoch ohne für die Situation der Prostituierten Verantwortung zu übernehmen. Frauen fragen demgegenüber, soweit bekannt, in verschwindend geringem Maße professionelle sexuelle Dienstleistungen nach; auch sind Angebote, die auf Frauen als Kundinnen zielen, die Ausnahme.“

Wir wiederholen den Kernsatz:

 „Prostitution ist ein Wirtschaftsbereich, der in einem sehr hohen Maße durch Asymmetrien im Geschlechterverhältnis geprägt ist“ und gratulieren zu dieser Erkenntnis.

Weiter in der Textpassage:

„Dementsprechend ist das Gesetz mit seiner Zielsetzung, Prostituierte in der Wahrnehmung ihrer Rechte zu stärken, ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern und ausbeuterische Formen der Prostitution zurückzudrängen, auch gleichstellungspolitisch bedeutsam. Es trägt dazu bei, Nachteile der geschlechterasymmetrischen Ausprägungen der Prostitution zumindest teilweise zu kompensieren. Zu erwarten ist auch, dass durch die Umsetzung des Gesetzes Unterstützungs- und Beratungsbedarfe von männlichen wie weiblichen Prostituierten stärker aufgedeckt werden und dass ggf. bislang eher nicht im Fokus stehende Zielgruppen beispielsweise aus der männlichen Prostitution stärker sichtbar werden.“

Dem „hohen Maße“ an „Asymmetrien im Geschlechterverhältnis“ wird durch dieses Gesetz also folgender Maßen begegnet: „Es trägt dazu bei, Nachteile der geschlechterasymmetrischen Ausprägungen der Prostitution zumindest teilweise zu kompensieren.

Abgesehen davon, dass in keinster Weise deutlich wird, wie dieses Gesetz das erreichen will – außer uns soll allen ernstes das lauwarm in der Begründung angebotene Verbot der Bewerbung von Gangbang in Verbindung mit nachgestellter Vergewaltigung angeboten werden – ist das hier die Botschaft an Frauen in Deutschland? Ein staatlicher Beitrag zur zumindest teilweisen Kompensation von Nachteilen, bzw. geschlechterasymmetrischen Ausprägungen?

Damit können wir jegliches frauenpolitisches Engagement in die Tonne treten, und jede Chance auf ein normales und gleichberechtigtes Verhältnis zwischen Männern und Frauen auch.

Zur Erinnerung – und was sollen wir sagen? Rest in Peace? Das Männern staatlich garantierte „Recht“ auf grundsätzlichen sexuellen Zugriff auf andere, vor allem Frauen, die Platzanweisung an Frauen dadurch und die schicken Steuereinnahmen waren wichtiger als dieses Gesetz? (Wo steht das?)

Grundgesetz


Art. 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.


(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

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