Norwegen hat 2009 ein Sexkaufverbot nach schwedischem Vorbild eingeführt. Nach 5 Jahren wurde nun eine Evaluation durch ein unabhängiges Forschungsinstitut (VISTA Analyse) vorgelegt.
Die zentralen Feststellungen lauten:
Das Gesetz hat zu einem Rückgang der Nachfrage nach Prostitution und damit auch zu einem Rückgang der Prostitution in Norwegen geführt. Norwegen ist weniger interessant für Menschenhändler und Zuhälter geworden. Dies entspricht genau den Intentionen des Gesetzes und es handelt sich nicht um ungeplante Nebeneffekte. Es gibt keine Anzeichen für eine Zunahme von Gewalt gegen prostituierte Personen nach Einführung des Gesetzes.
Verkleinerung des Prostitutionsmarktes in Norwegen:
- Es kann eine klare Verkleinerung des Prostitutionsmarktes festgestellt werden
- Direkt nach dem Gesetz war der Markt auf einem Tiefpunkt, dann hat er sich auf einem niedrigeren Level als 2009 stabilisiert
- Der größte Rückgang wurde in der Osloer Straßenprostitution sichtbar: Der Rückgang beträgt hier 40-65%
- Straßenprostitution ist auch in Bergen und Stavanger deutlich zurückgegangen
- Indoor-Prostitution ist schätzungsweise zwischen 10 und 20 Prozent zurückgegangen
Da die europäische Wirtschaftskrise ab 2008 in Norwegen nicht so durchgeschlagen hat wie in anderen europäischen Ländern und Prostitution häufig mit ökonomischen Zwängen verbunden ist, war nicht mit einer Zunahme von prostituierten norwegischen Personen zu rechnen. Durch das Gesetz hielt sich jedoch auch die Zunahme der Zahl von prostituierten Personen aus dem Ausland (insbesondere zwangsprostituierter Personen) in Grenzen. Es wird geschätzt, dass ohne das Gesetz der Markt 15% über dem Markt von 2008 und 45% über dem heutigen Markt läge.
Auch in Norwegen kommen die meisten Prostituierten aus armen und sehr armen Ländern. Ökonomische Gründe und Menschenhandel/Zwangsprostitution sind die Haupteinstiegsgründe, weshalb es einen Bedarf an noch mehr Sprachkursen, Praktika und Arbeitsalternativen geben muss. Hier schlägt VISTA eine Verstärkung der bereits vorhandenen, guten, Angebote vor.
Das Gesetz hat bereits nach 2 Jahren einen normativen Effekt auf die Einstellungen der Männer, insbesondere der jungen Männer, gehabt. In Oslo ist die Ablehnung von Sexkauf am höchsten.
Die Preise für Prostitution sind seit dem Gesetz gesunken, was die Expert_innen jedoch auf die Krise zurückführen, da dies für die gesamte EU und nicht nur für Norwegen gilt.
Die Nachfrage nach Sex ist gesunken, prostituierte Personen sprechen von einem verkleinerten "Käufermarkt".
Norwegen ist weniger attraktiv für Menschenhändler und Zuhälter, da in deren Kosten-Nutzen-Rechnung die Kosten durch das Gesetz gestiegen sind.
Das Gesetz hat die Rechte der prostituierten Personen gestärkt. Sie können Kunden nun anzeigen, die gewalttätig sind. Subjektiv betrachtet ist dies jedoch noch nicht bei allen prostituierten Personen angekommen. Viele fürchten, dass eine Anzeige später auf sie zurückfallen könnte. Dennoch gibt es keinerlei Anzeichen für einen Anstieg der Gewalt gegen die Prostituierten.
Der Bericht kann hier heruntergeladen werden (norwegisch, kurze englische Zusammenfassung)
Anmerkung: Wir werden darüber berichten, wie unsere norwegischen Mitstreiterinnen den Bericht und dessen Ergebnisse bewerten. Es ist jedoch erfreulich, dass die ablehnende Haltung der konservativen norwegischen Regierung gegenüber dem Gesetz, welches sie abschaffen möchte, nun mit diesen Ergebnissen konfrontiert wird. Und das obwohl die Norwegerinnen gar nicht glücklich darüber sind, wie das Gesetz derzeit in Norwegen umgesetzt wird und finden, dass die Umsetzung teilweise sogar an Sabotage grenzt.
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