„Frauenfreunde“ (und „-freundinnen“), die uns die Prostituierung
ermöglichen, schöne Bordelle ermöglichen, den Straßenstrich ermöglichen, „Lovemobile“
ermöglichen, manchmal sogar Verrichtungsboxen für uns oder unsere Nachbarinnen
besonders aus dem Osten aufstellen, Apartments aller Art ermöglichen, und die
sich jetzt tapfer dafür einsetzen, dass der individuellen Gestaltung dieser
Bordelle, Fahrzeuge, Apartments bitte nichts, und schon gar keine unangenehmen Auflagen, entgegengesetzt werden.
Die „Frauenfreunde“ machen das ganz selbstlos.
Selbstlos, und nur im Interesse der sexuellen der Freiheit der Frauen und ihrer
beruflichen Freiheit ermöglichen sie uns das. Sicher, bei Quotenregelungen
halten sie sich zurück, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf interessiert
sie eher im Zusammenhang mit den flexiblen Arbeitszeiten auf dem Strich und
sonst eher nicht …. aber immerhin: Den Weg in die Prostitution ebnen sie uns
gerne!
Gut, einige erwarten dafür von den Frauen einen gewissen Obolus, eine kleine finanzielle Anerkennung, sei es für die Vermittlungsdienste auf individueller Ebene, das hieß mal Zuhälterei, inzwischen weitestgehend entkriminalisiert, sei es für die Nutzung der seit 2002 besonders hübschen Prostitutionsorte, oder auch für die Stadtkasse, in Dankbarkeit für die Unterstützung einer so frauenfreundlichen Infrastruktur, die es Männern ermöglicht, unsereins 24/7 gegen eine Gebühr benutzen zu können, oder eben als Dankbarkeit und Beitrag zu einem Staat, der all dies ermöglicht und absichert, in der Form von Einkommenssteuern. Die Frauen in der Prostitution zahlen eben zwei- bis dreimal. Gegebenenfalls an einen Zuhälter (wobei hier dank der Gesetzesänderungen ja offiziell fast alles in Ordnung ist (1) ), an die Bordellbetreibenden, über die kommunale Steuern und manchmal auch die Umsatzsteuer der Frauen eingezogen werden, was prompt auf die Zimmermiete umgelegt wird, oder auch mal an Parkautomaten für das großartige Recht, auf der Straße zu stehen – eine Einzugsmethode, die international für Aufsehen und den guten Ruf Deutschlands sorgt, und schließlich noch die Einkommenssteuer, die gerne mal auf Grund der geschalteten Werbung geschätzt wird und ein sehr wirksames Ausstiegshindernis darstellt. Halt! Nicht „Ausstieg“. „Frauenfreundinnen“ nennen es „Umstieg“. Ausstieg hat ja so was Negatives.
Mannheim – Sitz des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg, also des höchsten dortigen Gerichts – will nun auch die
Möglichkeiten des Prostitutionsgesetzes von 2002, von diesem Gericht bestätigt,
umsetzen und plant eine sogenannte „Vergnügungssteuer“ auf sogenannte „sexuelle
Dienstleistungen“.
Und nun meldet sich noch ein „Frauenfreund."
In diesem Fall heißt er Julien Ferrat und wedelt mit einem
Rap, in dem er den Staat bzw. einen Oberbürgermeister als Zuhälter bezeichnet und rhythmisch gegen die
Besteuerung der „sexuellen Dienstleistungen“ anbrabselt.
„Wer gerne am Geschäft der Prostitution mitverdienen würde und sich als frauenfreundlich darstellt, ist als Oberbürgermeister nicht mehr tragbar.“, führt er aus.
Nun – diesem Satz stimmen wir glatt zu.
„…. Der Titel des Musikstücks ist eine Anspielung darauf, dass bei den letzten beiden Gemeinderatssitzungen Prostitution und Gang-Bang-Partys Thema waren", ergänzt Stadtrat Ferrat.
Oh – Prostitution und „Gang-Bang-Partys“ sind Thema in
Gemeinderatssitzungen, und das Ergebnis ist der Plan der Besteuerung? Wir sind
so stolz und dankbar, in so einem „frauenfreundlichen“ modernen Land zu leben.
Der singende „Frauenfreund“ gehört allerdings zu der Sorte,
die uns oft begegnet, mit einer gar nicht so seltenen – ödipalen? – Karriere:
Vom SDS und der LINKEN zur „Familienpartei“, die personelle Überschneidungen mit der AfD hat … angefangen
als Rebell, um dann doch Vatterns Platz einzunehmen. Und wie es sich für erzkonservative
Familiengruppierungen geziemt, gehört Prostitution dazu, manche Frauen sind
halt nicht für die Ehe gemacht und der eigenen Frau soll dann doch nicht alles
zugemutet werden … aber bitte! Es soll doch nicht so teuer sein. Wo bleibt die
Familienfreundlichkeit, wenn Papis Geld im Puff verpufft! Die „Frauenfreunde“
sind tapfer zur Stelle.
Daher können wir dem Rap nicht so wirklich zustimmen. Uns
geht es darum, die kommerzialisierte sexuelle Benutzung von Frauen
abzuschaffen, nicht darum, sie möglichst billig zu halten. Im Gegenteil, sie
kann gar nicht teuer genug sein. So um die 4000,00 – 5000,00 € vielleicht beim ersten
Kauf oder Kaufversuch, aber wir sind bei Verhandlungen nach oben offen. Mit
vielen Nullen daran bei „Vermittlungsdiensten“. Mit noch mehr Nullen daran bei
Bordellbetrieb.
Bis dahin schadet es gar nichts, wenn die Kosten der
Prostitution den ganzen „Frauenfreunden“ und „Frauenfreundinnen“, die uns die
Prostitution so leicht machen, so richtig gründlich auf die Füße fallen. Und
was Einnahmen daraus angeht: Strafzahlungen jederzeit, aber Steuern: Nein
danke. Wir wollen dieses Blutgeld nicht. Wir wollen nicht in einem Staat leben,
der es für richtig hält, Zuhälter (pardon, bezahlter Vermittler) zu sein. Übrigens
mit ähnlichen Methoden – Wegschauen bei sexueller und anderer Gewalt in der
Kindheit, Vorenthalten echter Hilfe, Scheinangebote über permanente sexuelle
Objektifizierung und schließlich die Sexindustrie, das Ausnutzen von
Zwangslagen … die Analogie passt. Wir sind trotz der zuverlässigen Leistungen unseres Staates für die Prostituierung von Frauen der Ansicht, dass diese seine „Dienste“ wirklich nicht bezahlt werden müssen.Und schon gar nicht von den Frauen in der Prostitution.
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(1) "Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sind auch andere früher mit dem sogenannten Rotlichtmilieu verbundene Straftaten rückläufig. Die Anzahl der Tatverdächtigen nach § 180a StGB (Ausbeutung von Prostituierten) reduzierte sich
vom Jahr 2001 zum Jahr 2011 um 95 Prozent, die der tatsächlich Verurteilten
um 99 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, Fachserie
10, Reihe 3). Auch der Tatbestand der Zuhälterei (§ 181a StGB) wurde in deutlich geringerem Ausmaß erfüllt; die Zahl der Tatverdächtigen verringerte sich
um 66 Prozent, die der Verurteilten um 81 Prozent im genannten Zeitraum."
Kleine Anfrage der Grünen an den Bundestag vom 06.02.2013, Drucksache 17/12291
Methode:
Ausbeutung: Gar nicht erst definieren.
Zwang: Gar nicht erst definieren.
Ergebnis: Ein nicht weiter definierter Tatbestand wurde nicht erfüllt, da er nicht erfüllt werden kann, da keine Definition vorliegt. Wir sind ja so beeindruckt, für solche JuristInnen zahlen wir gerne Steuern... ! Ganz tolle FrauenfreundInnen, wie die so Gewalt gegen Frauen abschaffen! Erstaunlich, wie einfach das doch ist.
Zu "Ausbeutung": Laut Rahel Gugel hat sich inzwischen per Gerichtsurteil und Praxis die Überzeugung durchgesetzt, dass ab Abkassieren von mehr als 50% der Einnahmen der Frau Ausbeutung vorliegen könnte, de facto legalisiert dies also den Zugriff auf 50% - nach Bezahlen von Zimmermiete und Steuern etc., was individuelle "Vermittler" angeht. (Rahel Gugel, Das Spannungsverhältnis zwischen Prostitutionsgesetz undArt. 3 II Grundgesetz: Eine rechtspolitische Untersuchung.)
Übrigens: Der Spitzensteuersatz in Deutschland liegt bei 42%. Sollte der dann nicht mal an die finanziellen Zugriffe ausgerechnet auf prostituierte Frauen angeglichen werden?
Zu "Zwang": Deutsche Juristen sind noch in bester scholastischer Tradition damit beschäftigt zu überlegen, wie viele Engel auf eine Nadelspitze passen wie „Zwang“
nun (nicht) zu definieren ist. Sie sind ziemlich sauer, dass ihnen einiges dann einfach
durch das neue Sexualstrafrecht aus der Hand genommen wurde, sie hätten wohl gerne
auch in diesem Bereich noch lange debattiert.
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