Wir dokumentieren eine Resolution von Prostitutions- und Menschenhandelsüberlebenden aus dem asiatisch-pazifischen Raum aus dem Jahr 2011. Übersetzung Manuela Schon
3. April 2011, Neu Delhi, Indien
Auf dieser Konferenz haben wir unsere Geschichten des Widerstands, des Überlebens, der Heilung, der Gesundung, des Zugangs zu Bildung, der Selbstorganisation und der Mobilisierung geteilt.
Gemeinsam lehnen wir die Legalisierung der Prostitutionsindustrie, die der Nachfrage des Sexhandels dient, ab, und fordern stattdessen die Bestrafung der Freier und der Betriebe, statt der Frauen. Wie Fatima, eine unserer Vorsitzenden sagt: „So lange wie es Freier gibt, wird der Sexhandel nicht beendet werden.“
Gesetze in der Region haben lange diejenigen, die in der Prostitution ausgebeutet werden, kriminalisiert und stigmatisiert, obwohl sie es sind, die die Gesellschaft und die Regierungen schützen sollten.
Prostitution floriert aufgrund der falschen Ideen, dass Frauen minderwertig, Sexobjekte und Handelsgüter sind, während Männer überlegen, alleinige Entscheidungsträger und Besitzer von Eigentum sind. Viele von uns wurden Opfer von Kinderehe, sexueller Gewalt in der Familie, verschiedenster Formen von sexueller Gewalt gegen Kinder und häuslicher Gewalt, bevor wir Opfer in der Prostitution wurden. Das System floriert aufgrund ökonomischer Ungleichheiten zwischen den Reichen und den Armen. Staatliche Politiken setzen unsere Länder wegen Sextouristen, Militär und großer Geschäfte aufs Spiel, auf Kosten der Existenz und körperlichen Integrität der Frauen. Das ist die Arbeit von patriarchalen, militaristischen und neoliberalen Wirtschaftspolitiken.
Wir sind vereint mit unseren Schwestern in der feministischen Bewegung und der Gewerkschaftsbewegung, die richtige Arbeit fordern, und nicht Prostitution; es braucht ökonomische Programme, die eine lokale und nachhaltige Beschäftigung schaffen, und die nicht Frauen aus dem Land schieben; die Sozialisierung der Pflege-Wirtschaft bei gleichzeitiger Anerkennung, das Hausarbeit Arbeit ist; ein größeres Budget für Frauen statt Militärausgaben.
Wir sind vereint mit den Bewegungen der Dalits, Aboriginies und Indigenen der Region, die anprangern, dass unsere Communities Zielscheibe für Sexhandel und Prostitution sind.
Unter uns sind junge Menschen, auch Männer, und Basisfrauen, die nicht nur die ökonomischen und politischen Systeme kritisieren, sondern auch die Ideologie der Maskulinität, aufgrund derer Frauen weiter unterdrückt werden.
Wir fordern außerdem umfassende Gesundheitsservices für uns als Frauen und unsere Kindern, denn unsere gesundheitlichen Bedürfnisse sind vielfältig. Wir fordern die HIV-AIDS-Organisationen auf, die Legalisierung der Sexindustrie abzulehnen, Prostitution nicht „Sexarbeit“ zu nennen, und sich wieder um die Verteidigung der reproduktiven Rechte und sexuellen Rechte von Frauen zu kümmern, bei denen es um die Kontrolle der Frauen über unsere eigenen Körper geht, und nicht die Ausbeutung durch Freier und die Industrie.
Feministische Heilung sollte das Kontinuum der Gewalt anerkennen, alternative Familien fordern (statt die Rückkehr in die Herkunftsgebiete, in denen ihnen die Revikitimisierung droht), Unterstützung von Pflege-Gemeinschaften, und die Förderung der Kreativität der Frauen. Alle Angebote sollten ihre Kinder berücksichtigen.
Wir fordern einkommensgenerierende Projekte, die geschlechts-sensitiv sind (nicht traditionelle Arbeiten) und die Prinzipien der Kooperation, Nachhaltigkeit, geteilten Profite und Fairtrade hoch halten.
Regierungen sollten Wohnmöglichkeiten zur Verfügung stellen, denn viele Frauen und Kinder in der Prostitution können nicht in die Communities zurückkehren, wenn Verwandte die Täter sind.
Wir fordern kostenfreie rechtliche Hilfe für Opfer und Zeugenschutz. Wir fordern, dass lokale und nationale Regierungen, die weiblichen Überlebenden in die Gesetzgebung einbeziehen und Lizenzen für Prostitutionsbetriebe entziehen.
Wir und die jungen unter uns fordern die Geschlechtersensibilisierung und einen größeren Zugang zu höherer Bildung.
Soziale Bewegungen müssen öffentliche Präventionskampagnen mit uns zusammen durchführen und uns dabei helfen das Stigma von den Opfern auf die Täter – die Freier und die Betreiber – zu verschieben,
Wir fordern die Bürgerschaftsrechte für alle, insbesondere die Frauen in der Prostitution, als ein fundamentales Menschenrecht. Opfer von grenzüberschreitendem Menschenhandel sollten nicht mit Zwang aus dem Zuzugsland entfernt werden, sondern Unterstützung im Einklang mit den Prinzipien des Palermo Protokolls erhalten.
Wir werden unsere Selbsthilfegruppen stärken und unsere Netzwerke für Jugendliche, Überlebende und soziale Bewegungen. Wir fordern zunächst die Aufhebung der Gesetze, die Frauen in der Prostitution kriminalisieren, und fordern Regelungen, die die Freier und die Betriebe kriminalisieren. Diese sollten die Auslieferung der Menschenhändler und Freier beinhalten, um deren Verurteilung sicherzustellen.
„Niemand ist unser Besitzer“, wie eine unsere Vorsitzenden, Fatima, sagte. Nicht der Ehemann, nicht der Vater, nicht der Zuhälter, nicht der Freier, nicht die Sexindustrie. Wir werden nicht müde zu betonen, dass wir für körperliche Integrität und Autonomie stehen.
Abschließend, versprechen wir, unsere Kampf für Heilung, Wiederherstellung, Empowerment und Aktivismus fortführen, indem wir uns weiterbilden, organisieren und mobilisieren um diese Gesellschaft zu ändern und Patriarchat, Rassismus, Kastendenken, Militarismus und Kapitalismus zu entwurzeln, die Prostitution und Sexhandel generieren und tragen.
3. April 2011, Neu Dehli, Indien
Jean Enriquez, Geschäftsführerin, Coalition Against Trafficking in Women-Asia Pacific
www.catw-ap.org
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