Filmplakat "Jeune et Jolie" (Public Domain) |
Isabelle ist eine ganz normale Jugendliche der französischen Upperclass, die ihre Sexualität entdeckt. Der Schritt in die Prostitution mit meist viel älteren Sexkäufern wird von keinem biographischen Bruch hervorgerufen oder begleitet. Er wird auch im Nachhinein, bei den Gesprächen mit dem Psychologen, weder persönlich noch gesellschaftlich problematisiert.
Die Hauptfigur ist in fast jeder Szene präsent. Die Bilder sind eine Einladung an männliche Zuschauer, die erotische Ausstrahlung dieser jungen Frau zu genießen. Hiermit verklärt Ozon die Prostitution als eine Freizeitaktivität, die keinerlei Folgen für das psychische Gleichgewicht der Person hat. Auch wenn diese Person 17 ist.
Will der Film zeigen, dass ganz normale Mädchen ohne biographische Brüche, mit einer starken Persönlichkeit und einem gesunden Selbstvertrauen, in der Prostitution ihrer Abenteuerlust nachgehen? Will er zeigen, dass Männer von Prostituierten geschätzt und sogar geliebt werden und keinerlei schlechtes Gewissen haben sollten?
Plädiert Francois Ozon in diesem Film gegen die Strafbarkeit von Sexkauf?
Vielleicht hat er keinerlei politische Absichten gehabt. Seine Hauptfigur ist nicht mal volljährig, also jenseits der aktuellen Debatte über die Strafbarkeit des Sexkaufes. Bei Minderjährigen ist die juristische Debatte längst abgeschlossen, und die Ächtung schon mehrheitsfähig.
Marine Vacth, Die Schauspielerin, die Isabelle spielt ist 3 oder 4 Jahre älter als ihre Rolle. Sie sieht aber körperlich 2 oder 3 Jahre jünger aus. Also durch das schauspielerische Geschick dieser jungen Frau wird ein Mädchen inszeniert. Durch ihren jugendlichen und unausgereiften Körper wirkt sie in den zahlreichen Nacktszenen 14- oder 15- jährig. Es könnte nicht deutlicher angedeutet werden, welches Ziel Männer, die Prostituierte aufsuchen tatsächlich verfolgen: nämlich Sex mit Kindern.
Auch wenn bezahlter Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen keine gesellschaftliche Akzeptanz (mehr) findet, ist der Motor der Nachfrage nach Kindern in der Prostitution immer da. Die Tatsache, dass Isabelle über ihr Alter lügt (sie sagt, sie sei 22) entschuldigt ihre Kunden, sich an einer 17 Jährigen zu bedienen, die eigentlich wie 15 aussieht und entlarvt ihren eigentlichen Wunsch, ... nämlich Sex mit einer 15jährigen.
Francois Ozon entlarvt in diesem Film, dass Pädophilie ein mächtiger Faktor in der Prostitution ist. Auf diesem Markt wie auf jedem Markt trifft Nachfrage auf Angebot. Die Gesetze zum Kinderschutz haben Kinder (zumindest offiziell) von dem Angebot ausgeschlossen. An der Nachfrage aber haben diese Gesetze nichts geändert. Der Film zeigt die Prostitution als eine normale Etappe der Entwicklung einer Jugendlichen: Sie entdeckt Sexualität und Zärtlichkeit im Umgang mit ihren Kunden. Diese werden aus der Verantwortung entlassen für den Missbrauch, den sie begehen. Er wird ästhetisiert und verklärt bis zur Unsichtbarkeit.
Die Geschichte der jungen Pariserin ist eigentlich die Geschichte einer psychischen Selbstzerstörung. Sie spaltet sich von ihrem Körper ab, um sexuelle Handlungen zu verkaufen. Sie torpediert freiwillig ihre Beziehungen mit Gleichaltrigen, negiert ihre Gefühle aber der Film zeigt uns diesen Untergang nicht. Das Mädchen bleibt verführerisch schön und vor Allem sie bleibt gern in der Freizeit-Prostitution.
In der Welt die Ozon uns zeigt verkauft ein junges Mädchen sexuelle Handlungen an älteren Männern ohne die geringsten Folgen für ihr psychisches Gleichgewicht und dank ihrer Lüge ohne strafrechtliche Folgen für ihre Kunden. Eine ideale Welt für die Ausübung der uralten patriarchalen Macht, über Andere sexuell zu verfügen.
Zynische Feststellung: diese Welt ist die Wunschwelt zahlreicher Männer, heute im Jahre 2014.
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