Anlass:
Berichterstattung und Kommentar in der taz zur Trennung von
Terre des Femmes Deutschland und Terre des Femmes Schweiz (1).
Bei
Themen wie Flüchtlingen, vielen sozialen Themen und der AfD ist die
taz gut und eine notwendige Stimme in der Presselandschaft.
Bei
Frauen allerdings nicht.
Zu
Feminismus und besonders bei kontroversen Themen wie Prostitution
oder Verschleierung sehen wir fast ausschließlich eine einseitige,
uninformierte und diffamierende Berichterstattung, auch wenn es ein
paar Ausnahmen gibt.
Es
geht hier nicht um andere Meinungen und noch nicht einmal nur darum,
wie diese Meinungen vertreten werden, und zwar in einer Art und
Weise, in der ich das auch auf unserer, der abolitionistischen Seite
nicht sehen möchte und bei der wir versuchen, einzugreifen. Diese
grottenschlechte Art der Berichterstattung gibt es auch da, wo ich
zufällig inhaltlich zustimme. Es kann nicht sein, dass sich im
Bereich der Gender Studies, in den Kommunikationswissenschaften oder
im Journalismus nur Frauen bewegen, die nach dem zu urteilen, was sie uns zeigen, so wenig wissen und so wenig
zu irgendeiner inhaltlichen Auseinandersetzung bereit sind, wie wir
das seit Jahren bei der taz sehen,
Redaktionswechsel unbeschadet: Ohne Differenzierung, ohne
Recherchewillen oder vielleicht -fähigkeit, mit nichts als
vorgefertigten Sprüchen und im Zweifelsfall der Nazikarte. Derart
oberflächlich arbeitende Journalistinnen auszusuchen ist auch ein
Kommentar dazu, wie unwichtig einer Zeitung diese Themen sind, und
zeigt, dass es der taz
absolut
genügt, wenn regelmäßig ein paar rein assoziative Satzreihen zur
Bedienung des Status Quo erscheinen. Wenn es mal einen einigermaßen
guten Artikel gibt, ist er
häufig genug von einem Mann.
Die taz erinnert
darin an die Regierungen Kohls (Kabinett V) und Merkels mit
Familienministerinnen wie Claudia Nolte oder Kristina Schröder, als
Merkel die Stimmung im Land und den Antifeminismus einer bestimmten
Gruppe eher jüngerer Frauen falsch interpretiert hatte, weil sie
nicht bemerkt hatte, dass Antifeminismus heute anders läuft ....
Frauen ohne Erfahrung und ohne wirkliches Interesse am Thema, denen
gleich mal mehr als die Hälfte des Etats weggekürzt werden konnte
und die nicht einen wesentlichen oder neuen Beitrag zum Thema
brachten.
Besser
und klarer konnte das "F... you" an Frauen nicht
ausgedrückt werden. Und bei der taz sehe ich es inzwischen
genau so - als "F.... you" an Frauen, die keine wirkliche
Auseinandersetzung und keine Recherche zu ihren Themen wert sind.
Im
Moment geht es um die Trennung von Terre des Femmes Deutschland und
Terre des Femmes Schweiz. Bereits letztes Jahr tat sich die taz
dadurch
hevor, dass sie sich an einer diffamierenden Aktion seitens einiger
Frauen beteiligte, die es nicht verkraftet hatten, dass sie die
Abstimmungen auf der Mitfrauenversammlung verloren hatten und dass
kein Verein verpflichtet ist, Mitglieder aufzunehmen, die ganz klar
zentrale Anliegen und die Leitlinien des Vereins nicht unterstützen.
(2) Zur „Kopftuchdebatte“, in Wirklichkeit eine sehr komplexe
Debatte erstens um die Bewertung von Verschleierung, Zwang,
Freiwilligkeit, Botschaften, Selbstbestimmung, Ausgrenzung und
zweitens eine Debatte zu sinnvollen Entscheidungen bezüglich der
Fälle, in denen Zwang vorliegt, werden ein paar Phrasen zur
Freiwilligkeit hingesetzt, die eigentlich schon zur
Textbausteinsammlung auf den Geräten der Journalistinnen gehören
könnten, prêt-à-babler, one-size-fits-all, KB23 eingeben und das
Programm spuckt die Phrase hin …. die tatsächliche Position
anderer wird gar nicht gelesen, statt dessen wird die Nazikarte
gezogen. Die wirkt ja immer. Bei Terre des Femmes sind eine Reihe von
Frauen aus den betroffenen Communities, die sich Sorgen um den
Backlash, um Missionierungen und um neuen Druck in ihren Communities
hier und in ihren Herkunftsländern machen, und die zu Recht fordern,
dass dies auch im deutschen Feminismus ein zentrales Thema wird und
nicht nur Randthema eines Randthemas bleibt. Ja – Terre des Femmes
muss einer Ausfransung nach rechts aktiv entgegentreten. Ja – auch
die Gruppe der Frauen in Terre des Femmes kann nicht für alle Frauen
in Deutschland sprechen, wie auch. Ja – das Thema Verbote muss sehr
genau angeschaut werden. Aber es wäre wirklich wichtig, ihnen
zuzuhören, anstatt ihre Anliegen und auch ihr Wissen zu den
Communities und den Dynamiken darin mit ein paar billigen Sätzen
wegzuwischen. Und dann eine eigene Entscheidung treffen und
vertreten. Ohne Nazikarte. Wirklich – ist sogar möglich! Wenn es
um Männer geht, z.B. schwule Männer, dann gelingt es in der taz
sogar,
zu diffizileren Themen wie Schwulen aus und in muslimischen Familien
und Communities einen reflektierten und umsichtigen Text
hinzuzulegen. Bei Frauen nicht.
In
ihrem Artikel und dann dem Kommentar zu Terre des Femmes Deutschland
und Terre des Femmes Schweiz geht die taz
wenig
überraschend in dieser Diffamierungstaktik noch einen Schritt
weiter. Aus dem platten Nazivorwurf oder mindestens dem Vorwurf der
AfD-Nähe wegen der Haltung seitens TDF zur Burka heraus werden
einfach noch alle Prostitutionskritikerinnen und Vertreterinnen
des schwedischen Ansatzes (die übrigens zum Thema Kopftuch oder Verschleierung
durchaus unterschiedliche Meinungen vertreten bzw. unterschiedliche
Aspekte daran zentriert wahrnehmen) ebenfalls in die Nähe der AfD
gerückt. Aus den Wahlbefragungen vor der letzten Bundestagswahl
wissen wir, dass die AfD einen Regulierungsansatz vertritt -
Triebabfuhr für Männer und so. Und die Abolitionistinnen, mit denen wir zusammenarbeiten, sind garantiert demokratisch und mehrheitlich links von der Mitte. Aber die Nazikarte
ziehen geht halt immer – einmal Nazi gesagt und das reicht. Achja – und
Hitler war auch Vegetarier. Das ist das Niveau, das für Frauen
reichen muss.
Im
Netz begegnet uns das öfters, aber dort gibt es ja auch keine
Qualitätsstandards, so wie sie von einer Zeitung, die nicht mit der
BILD verwechselt werden will, eigentlich zu erwarten wären. Wir
sehen, dass die Befürworterinnen des Sexgewerbes und der „Sexarbeit“
voneinander abschreiben und immer wieder die gleichen Beleidigungen
vom Stapel lassen. Es ist trotzdem heftig, wenn uns in der taz Texte
begegnen, die auf einer Stufe mit undurchdachten Trollkommentaren
stehen, platt übernommen aus Gruppen oder Blasen im Netz, bubbles,
auch „echo chambers“ genannt, in denen sich die Beteiligten immer
wieder die gleiche Meinung zurückspiegeln, sich dabei hochschaukeln,
voneinander abschreiben und mangels Außensicht nicht bemerken, wie
weit sie sich von einem gesellschaftlichen Konsens bereits entfernt
haben.
Es
ist eine Sache, ob versucht wird, uns mit Unsinn zu „Männerhasserin“
oder auch „konservativ“, „religiös“, „frigide“,
„sexfeindlich“, „underfucked“ oder meinetwegen auch „haarig“
zu provozieren, als seien alle Prostitutionsgegnerinnen konservative
katholische oder sonstwie christliche Frauen und als seien diese alle
gleich. Solche Versuche stoßen ja auch in pseudo-feminstischen
Zusammenhängen schnell an ihre Grenzen. Und ich stelle unseren
Gegnerinnen nicht jeden männlichen Idioten in Rechnung, der uns da
auch begegnet.
Nazi-
oder AfD-Vergleiche, offenbar eine gängige Währung in diesen
Blasen, sind eine andere Sache. Dummes Zeug zur privaten
Lebensgestaltung von Abolitionistinnen kann leicht ignoriert werden.
Diese Vergleiche sind jedoch nicht hinnehmbar diffamierend. Die
Nazikarte macht eine Auseinandersetzung, macht Debatten und
Diskussionen unmöglich.
Und
daher ist unsere Frage an die taz, ob sie das wirklich für
sinnvollen Journalismus und wirklich für einen Beitrag zum
Feminismus, oder meinetwegen auch nur zu Genderfragen und sozialen
Bewegungen hält. Und ob sie diesen Stil und diese Oberflächlichkeit
wirklich für einen Beitrag zu egal welcher Debatte hält.
Links:
(1)
Artikel
zur Trennung der beiden Vereine:
"Die Scheidung der Schwestern“, taz vom 27.07.2018
Kommentar
„Allein
auf weiter Flur“,
ebenfalls vom 27.07.2018 (Satzsammelsurium aus Behauptungen und
Phrasen)
Schweizer
Artikel aus dem Tagesspiegel, bei dem beide Seiten zu Wort kommen:
"Burka und Sexgewerbe entzweien Frauenorganisationen“ vom 27.07.2018
Stellungnahmevon
TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e.V. zur
Position von TERRE DES FEMMES Schweiz „Sexarbeit ist Arbeit“
(2)
Zur
Aktion in der taz letztes
Jahr mit Verlinkung zur taz
in diesen Artikeln:
„Kommentar
zum Offenen Brief an Terre des Femmes“ vom 26.06.2017
(Störenfriedas)
"Gleichberechtigt,
selbstbestimmt und frei – warum ich bei Terre des Femmes eintrat“,
ebenfalls vom 26.06.2017 (Störenfriedas)
Die
bei den Störenfriedas erschienene „Stellungnahme
von TERRE DES FEMMES“ vom 26.06.2017
„Feminismus
bleibt unbequem“ reblog, erschienen bei den Störenfriedas am
13.07.2017
„Unterwanderungsversuch
bei Terre des Femmes“ EMMA (26.06.2017)
„Feindliche
Übernahme bei Terre des Femmes?“ EMMA (01.09.2017)
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